In einem letztjährigen Urteil scheint das Bundesgericht den Weg dafür geebnet zu haben, dass das Konzept des Mehrheitsmissbrauchs im schweizerischen Aktienrecht eingeführt wird. Wir widersetzen uns dieser Rechtsprechung entschieden, denn sollte sie bestätigt werden, würde dies in unserem Land die Ausgangslage im Gesellschaftsrecht radikal verändern.
In seinem Urteil vom 20. Februar 2018, das unter der Referenz 4A_531/2017 veröffentlicht wurde, hat unser oberster Gerichtshof nämlich der Beschwerde von Minderheitsaktionären stattgegeben, die sich einer absolut rechtmässig und nach den Statuten einer Aktiengesellschaft von ihren Mehrheitsaktionären beschlossenen Kapitalerhöhung widersetzt hatten.
Das Bundesgericht war im Zusammenhang mit vorsorglichen Massnahmen, das heisst ausschliesslich aus Sicht der Glaubhaftigkeit, der Meinung, dass selbst von der Generalversammlung rechtsgültig gefasste Beschlüsse im Sinne von Art. 706 OR aufgehoben werden können, wenn sie den Grundsatz der Verhältnismässigkeit und insbesondere die Pflicht zur massvollen Ausübung der Rechte verletzen.
Nach Ansicht der Ersten zivilrechtlichen Abteilung müssen sich die Beschlüsse der Generalversammlung (AG) nämlich an den Grundsatz der massvollen Ausübung der Rechte bzw. den Grundsatz der Rücksicht bei der Ausübung der Rechte (sic!) halten.
Laut den Lausanner Richtern wurde gegen diesen Grundsatz verstossen, weil die Mehrheitsbeschlüsse die Rechte der Minderheit beeinträchtigen, zumal der im Interesse der Gesellschaft verfolgte Zweck auch auf eine für diese Minderheit nur geringfügig oder überhaupt nicht schädliche Weise und ohne Nachteile für die Mehrheit hätte erreicht werden können.
Damit somit ein Beschluss der Generalversammlung aufgehoben werden kann:
Im vorliegenden Fall hatte das Bundesgericht geurteilt, dass der vom Mehrheitsaktionär nach den Bestimmungen des Gesetzes und der Statuten gefasste Beschluss auf ordentliche Erhöhung des Aktienkapitals einer Aktiengesellschaft dem Minderheitsaktionär einen solchen Schaden zufügen könnte, wenn er eine erhebliche Verwässerung seiner Besitzanteile zur Folge hätte – im fraglichen Fall fiel seine Beteiligung von 30 auf 2 % – und der verfolgte Zweck, nämlich die Kapitalerhöhung, auf eine für den Minderheitsaktionär weniger schädliche Weise erreicht werden könnte, zum Beispiel durch die Ausgabe einer geringeren Anzahl Aktien, aber zu einem Preis über dem Nennwert.
Im Rahmen des vorliegenden Beitrags möchten wir darauf hinweisen, dass dieses Urteil Folgendes aufzeigt:
Wir sind der Ansicht, dass dieses Urteil zu weit geht und einer enormen Rechtsunsicherheit Tür und Tor öffnet, und zwar nicht nur im Aktienrecht, sondern auch in Bezug auf die Governance der Aktiengesellschaften nach schweizerischem Recht. Wir werden daher in unseren nächsten Beiträgen dieses Blogs auf dieses wichtige Urteil zurückkommen.
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